<p>Zum gesamten Materialaufwand einer Gesellschaft zählen nicht nur die wirtschaftlich verwerteten Materialströme. Auch ungenutzte Materialien wie Abraum, Bergematerial und Ernterückstände müssen dabei berücksichtigt werden. Auch diese können vielfältige Umweltwirkungen haben. Der Indikator Gesamter Materialaufwand – auf Englisch: Total Material Requirement – bildet diese mit ab.</p><p>Der Indikator Gesamter Materialaufwand</p><p>Die Förderung von Rohstoffen beeinträchtigt vor allem während der Erschließung und dem Abbau die Umwelt. Geologische Formationen, Landschaften und Lebensräume werden teilweise unwiderruflich verändert. Der Wasserhaushalt wird zudem etwa durch das Absenken des Grundwasserspiegels oft weit über das eigentliche Abbaugebiet hinaus beeinflusst. Teilweise sind diese Veränderungen irreversibel oder eine naturnahe Nutzung des Abbaugebietes ist nach der <a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/r?tag=Rekultivierung#alphabar">Rekultivierung</a> nicht mehr möglich. (Ausführliche Informationen zu den Auswirkungen der Rohstoffnutzung finden Sie<a href="https://www.umweltbundesamt.de/daten/ressourcen-abfall/rohstoffe-als-ressource/rohstoffnutzung-ihre-folgen">hier</a>).</p><p>Werden Rohstoffe gefördert, fällt auch Abraum, Bergematerial oder Bodenaushub an. Dieses in der Regel wirtschaftlich nicht genutzte Material wird auch als „ungenutzte Entnahme“ oder als „versteckter Stoffstrom“ bezeichnet. Solch nicht verwertetes Material entsteht auch bei der Herstellung von <a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/b?tag=Biomasse#alphabar">Biomasse</a>: So fallen bei der Ernte Rückstände an und bearbeitete Böden werden durch <a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/e?tag=Erosion#alphabar">Erosion</a> abgetragen.</p><p>Wie viel nicht verwertetes Material anfällt, hängt hauptsächlich von der Art des Rohstoffvorkommens, der Effizienz der Ausbeutung und der Art des Abbaus ab. Vor allem Tagebauaktivitäten führen häufig zu großen Mengen ungenutzten Materials.</p><p>Die Kenngröße „Gesamter Materialaufwand“ umfasst verwertete Rohstoffe und nicht verwertete Materialentnahmen. In Fachkreisen wird für den <a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/i?tag=Indikator#alphabar">Indikator</a> oft auch die englische Bezeichnung „Total Material Requirement“ und die damit einhergehende Abkürzung „TMR“ verwendet. Der <a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/t?tag=TMR#alphabar">TMR</a> erfasst alle Materialentnahmen in In- und Ausland, die wir durch Produktion und Konsum in Deutschland auslösen (siehe Schaubild „Stoffstromindikatoren“).</p><p>Gesamter Materialaufwand Deutschlands</p><p>Die Gesamtschau der geförderten Rohstoffe, der geernteten <a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/b?tag=Biomasse#alphabar">Biomasse</a> und des nicht verwerteten Materials im In- und Ausland zeigt, dass der Gesamte Materialaufwand Deutschlands zwischen den Jahren 1990 und 2008 (letzte verfügbare Daten) um gut 13 Prozent (%) sank. Im Jahr 1990 betrug dieser <a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/t?tag=Total_Material_Requirement#alphabar">Total Material Requirement</a> (<a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/t?tag=TMR#alphabar">TMR</a>) rund 7,0 Milliarden Tonnen (Mrd. t), im Jahr 2008 nur noch 6,1 Mrd. t. Der Gesamte Materialaufwand pro Einwohner sank gleichzeitig um gut 15 % von 88,0 auf 74,5 t (siehe Abb. „Gesamter Materialaufwand (Total Material Requirement) Deutschlands“).</p><p>Der Gesamte Materialaufwand wird im Wesentlichen durch den Braunkohleabraum dominiert. Der Grund für die deutliche Abnahme des TMR zwischen den Jahren 1990 und 2008 ist vor allem die gesunkene Braunkohleförderung in Deutschland: Im Jahr 1990 fielen beim Braunkohleabbau rund 3,3 Mrd. t Abraum an, im Jahr 2008 nur noch 1,7 Mrd. t. Die Zunahme der Einfuhren und der mit ihnen verbundenen indirekten und versteckten Materialflüsse kompensierten diese Abnahme jedoch teilweise wieder.</p><p>Die folgenden beiden Abschnitte verdeutlichen die Zunahme der indirekten und versteckten Materialflüsse im In- und Ausland.</p><p>Verwertete und nicht verwertete inländische Materialentnahmen</p><p>In Deutschland wurden im Jahr 2013 rund 1.058 Millionen Tonnen (Mio. t) an Rohstoffen gefördert und an <a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/b?tag=Biomasse#alphabar">Biomasse</a> geerntet (verwertete Entnahmen; ausführliche Erläuterungen zu den inländischen Entnahmen sind<a href="https://www.umweltbundesamt.de/daten/ressourcen-abfall/rohstoffe-als-ressource/inlaendische-entnahme-von-rohstoffen">hier</a>zu finden). Dabei fiel mit rund 2.020 Mio. t fast die doppelte Menge an nicht genutztem Material an (siehe Abb. „Verwertete und nicht verwertete inländische Materialentnahme“). Der weitaus größte Anteil dieses nicht verwerteten Materials entfiel mit rund 1.630 Mio. t auf den Abraum der Braunkohleförderung im Tagebau. Beim Abbau einer Tonne Braunkohle entsteht im Schnitt die achtfache Menge an Abraum (siehe Abb. „Rohstoffgruppen der nicht verwerteten inländischen Rohstoffentnahme 2013“).</p><p>Verwertete und nicht verwertete Entnahmen der Importe</p><p>In den Jahren 1990 bis 2008 (letzte verfügbare Daten) stiegen die Einfuhren von Rohstoffen, Halb- und Fertigwaren nach Deutschland um fast 30 Prozent (%) auf rund 600 Millionen Tonnen (Mio. t) deutlich an. Um zu erfassen, welche Materialströme diese Rohstoffe und Waren im Ausland bewegt haben, müssen folgende Größen bekannt sein:</p><p>Diese Werte sind jedoch nur eingeschränkt aus der amtlichen Statistik ableitbar und müssen deshalb angenähert werden. Die nachfolgende Darstellung basiert auf den Ergebnissen des vom Umweltbundesamt beauftragten Gutachtens<a href="https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/aktualisierung-von-nationalen-internationalen">„Aktualisierung von nationalen und internationalen Ressourcenkennzahlen“</a>. Auf die dabei verwendeten Methoden und Herausforderungen wird im Abschnitt „Methodik und Forschungsfragen“ eingegangen.</p><p>Im Jahr 2008 waren die rund 600 Mio. t importierten Rohstoffe und Güter zusätzlich mit ungefähr 2,46 Milliarden Tonnen (Mrd. t) indirekter und versteckter Materialflüsse verbunden. Damit sind diese zusätzlichen Materialflüsse im Vergleich zu 1990 (1,41 Mrd. t) um rund 75 % gestiegen (siehe Abb. „Indirekte und versteckte Materialflüsse der Importe“).</p><p>Die indirekten und versteckten Stoffflüsse der Einfuhren werden mit einem Anteil von etwa 52 % dominiert von eingeführten Metallen und den daraus im Ausland hergestellten Halb- und Fertigwaren. Die Abbildung zeigt nur die im Ausland angefallenen Materialflüsse ohne die Menge der nach Deutschland importierten Rohstoffe, Halb- und Fertigwaren. Dabei ist zu beachten, dass eine Zuordnung der Materialflüsse anhand der Hauptmaterialien der verschiedenen eingeführten Güter erfolgte. Die Materialflüsse zum Beispiel der importierten Metallerze und ihrer Erzeugnisse enthalten deshalb neben den metallischen Erzen auch andere Materialien, insbesondere Energieträger.</p><p>Der Gesamte Materialverbrauch Deutschlands</p><p>Der Gesamte Materialverbrauch ist eine weitere Kenngröße für den Materialbedarf der deutschen Volkswirtschaft. Er wird auch Total Material Consumption (TMC) genannt. Anders als beim <a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/t?tag=TMR#alphabar">TMR</a> fließen in die Berechnung des TMC die Ausfuhren von Rohstoffen, Halb- und Fertigwaren und die damit verbundenen indirekten und versteckten Materialflüsse nicht mit ein (siehe Schaubild „Stoffstromindikatoren“). Der TMC spiegelt somit den Eigenverbrauch Deutschlands wider.</p><p>Der TMC für Deutschland sank zwischen den Jahren 1990 bis 2008 deutlich von etwa 6 auf rund 4 Milliarden Tonnen oder von 80 auf 49 Tonnen pro Person.</p><p>Exkurs: Methodik und Forschungsfragen</p><p>Die Ermittlung der Indikatoren <a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/t?tag=TMR#alphabar">TMR</a> und TMC erfolgt durch Materialflussrechnungen (Material Flow Accounting and Analysis, MFA). Die Methodik zur Durchführung von Materialflussrechnungen ist international zu großen Teilen harmonisiert. Insbesondere die EU-Kommission<a href="http://ec.europa.eu/eurostat/web/products-manuals-and-guidelines/-/KS-34-00-536">(Economy-wide material flow accounts and derived indicators)</a>und die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit<a href="https://web-archive.oecd.org/2012-06-14/77031-oecdworkonmaterialflowsandresourceproductivity.htm">(OECD Work on Material Flows and Resource Productivity)</a>haben methodische Leitfäden hierzu veröffentlicht.<br>Um indirekte und versteckte Stoffflüsse zu erfassen, werden zurzeit hauptsächlich zwei Ansätze genutzt:Allerdings besteht bezüglich der Einbeziehung und Quantifizierung der versteckten Stoffflüsse noch Harmonisierungs- und Forschungsbedarf. Auch ist die Datenqualität insbesondere mit Angaben zu versteckten Stoffflüssen im außereuropäischen Ausland teilweise verbesserungsbedürftig.Zwei Beispiele:Das Umweltbundesamt (UBA) arbeitet mit anderen Institutionen und Instituten zusammen, um die methodischen Grundlagen und die Datenbasis zur Berechnung der einzelnen Rohstoffindikatoren zu harmonisieren.
Das Projekt hat drei Ziele: Erstens, den Materialverbrauch der EU 27 zu berechnen und eine entsprechende Publikation zu verfassen. Dazu müssen die verfügbaren Daten aufbereitet, nach den methodischen Richtlinien der nationalen Materialflussrechnung ergänzt und aggregiert werden. Zusätzlich muss eine Methode entwickelt werden, um den Materialverbrauchs der neuen Mitgliedländer der Europäischen Union in Zeitreihe zu erstellen. Zweitens: Die Erstellung eines MFA Methodenhandbuchs für Anfänger auf Basis der noch zu entwickelnden MFA Standard Tabellen und des existierenden MFA Methoden Handbuches. Drittens: Mitwirkung an der Entwicklung der MFA Standardtabellen und Weiterentwicklung des existierenden MFA Methoden Handbuchs in Kooperation mit der Eurostat MFA task force (die sich aus Experten der nationalen statistischen Ämter der EU 25 zusammensetzt) und in Kooperation mit der OECD.
Ziel von ECO-Rapid ist es, eine Methode zu entwickeln und zu beschreiben, mit der Industrieunternehmen ihre vorhandene betriebswirtschaftliche Standardsoftware für das Umweltmanagement nutzen können. Dabei sollen die Instrumente Flusskostenrechnung, Umweltbilanz und Umweltkennzahlen so unterstützt werden, dass sich hohe Synergien zur Betriebswirtschaft erzielen lassen. Erst durch das Anbinden in die betrieblichen Enterprise Ressource Planning-Systeme (ERP-Systeme) werden die Umweltmanagement Instrumente betriebswirtschaftlich integriert und ihre Effizienz wesentlich erhöht. Die flächendeckende Anwendung der Instrumente führt zu Umweltentlastungen und durch nennenswerte Kosteneinsparungen zu einer Stärkung des Standorts Deutschland. Das zu diesem Zweck mit Unterstützung der DBU entwickelte EDV-Referenzmodell 'ECO-Integral' wird im vorliegenden Projekt 'ECO-Rapid' bei drei Pilotfirmen in Case Studies beispielhaft umgesetzt. Die Methode wird in Form eines verständlich aufbereiteten Leitfadens als CD-ROM veröffentlicht. Das darin vorgestellte Vorgehensmodell (VGM) richtet sich an mittelständische Industrieunternehmen und soll weitgehend unabhängig von einem bestimmten Softwareprodukt angewendet werden können. So wird das Ziel unterstützt, die entwickelte Methode der Materialflussrechnung breitflächig zu verbreiten. Das Referenzmodell 'ECO-Integral' wurde für die Umsetzung in drei Pilotprojekten aufbereitet. Die Inhalte wurden priorisiert. Für die Pilotprojekte wurde ein inhaltliches, methodisches sowie organisatorisches Vorgehensmodell der Umsetzung erstellt. Die Struktur des Leitfadens wurde iterativ entwickelt. Mit den Pilotfirmen wurden Projektpläne erstellt, bevor das erste Projekt unter Beteiligung aller Projektpartner gemeinsam durchgeführt wurde. Hier wurden die im Antrag beschriebenen Projektphasen des EDV-gestützten Umweltmanagements umgesetzt: Informationsbedarfsanalyse; Spezifikation der Instrumente; technische Umsetzung; Einbinden ins Umweltmanagement, Produktionsmanagement und Controlling; Anstoßen kontinuierlicher Verbesserungen. Projektbegleitend wurden die Vorgehensweisen und Inhalte dokumentiert. Nach Abschluss des ersten Projekts wurden von je einem Unterauftragnehmer zwei weitere parallel durchgeführt. Die Erkenntnisse aller drei Projekte fließen in einem Leitfaden zusammen, welcher der adressatengerechten Aufbereitung der Inhalte Rechnung trägt.